7.3.2002 Wirbel um kyrillische CSU-Wahlwerbung
 

Umstrittenes "Merkblatt" am Heuchelhof

Wolfgang Scheller, Vorsitzender des CSU-Ortsverbands Heuchelhof, kann die Aufregung nicht verstehen: Eine als "Merkblatt" bezeichnete Wahlwerbung seiner Partei, die im Stadtteil Heuchelhof im Vorfeld der Kommunalwahl an die Haushalte von Bewohnern der ehemaligen Sowjetunion verteilt wurde, sorgt plötzlich für Wirbel.

Angeblich war darin davon die Rede, es gebe eine "Wahlpflicht" in Deutschland, die man erfüllen müsse. Und dies tue man am besten dadurch, dass man sein Kreuz bei den Kandidaten der CSU mache. Außerdem soll das Merkblatt noch am Wahlsonntag innerhalb der Bannmeile vor den Wahllokalen verteilt worden sein. Letzteres sei jetzt nicht mehr nachweisbar, so Wahlleiterin Dr. Claudia Strobel auf Anfrage, und daher weder straf- noch wahlrechtlich relevant. Auf Initiative der CSU sei das Merkblatt zuletzt am Freitag vor der Wahl verteilt worden, so Scheller. Eine Verteilung zu einem späteren Zeitpunkt hätten weder er noch die CSU veranlasst.

Zum Inhalt: Das in kyrillischer Schrift verteilte Merkblatt war von Wolfgang Scheller ursprünglich in deutscher Sprache verfasst worden. Darin heißt es wörtlich: "Das Wahlrecht ist die erste Bürgerpflicht . . . Alle Wahlberechtigten sollten von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen." Diesen Text habe er von einem Weißrussen übersetzen und dann verteilen lassen. Welche genauen Formulierungen der Übersetzer benutzte, habe er, da des Russischen nicht mächtig, nicht überprüfen können.

Bei der Wahlleitung ließ man das ihr nur in kyrillischer Schrift vorliegende Schreiben ebenfalls übersetzen. Demnach sei in dem Flugblatt von einer "Wahlpflicht", die man erfüllen müsse, die Rede gewesen. Außerdem sei der Eindruck erweckt worden, dies sei nur möglich, indem man die angeführten CSU-Kandidaten wähle. "Das stimmt nicht", sagt Scheller. Man habe erklärt, wie das komplizierte Verfahren der Stimmabgabe bei der Stadtratswahl ablaufe - dies allerdings am Beispiel der CSU-Kandidaten vom Heuchelhof, verbunden mit der Bitte, für diese zu votieren.

Aufklären lässt sich der Sachverhalt zum jetzigen Zeitpunkt kaum. Denn die erste Fehlerquelle könnte der Übersetzer Schellers sein, der dessen ursprünglichen Text anders übertragen hat. Auch lässt sich nicht ausschließen, dass bei der Rückübersetzung aus dem Kyrillischen zumindest Missverständnisse aufgetreten sind. Dass der Wirbel um das Merkblatt erst mehrere Tage nach der Wahl entstanden ist, könnte auch darauf zurückzuführen sein, dass die CSU am Heuchelhof die einzige Partei gewesen ist, die die Gruppe der Russlanddeutschen gezielt angesprochen hat.


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