27.04.2000 Würzburgs Finanznöte und kein Ende
 

Der Bayerische Finanzminister schreibt in einer Broschüre "Starkes Bayern - starke Kommunen", daß im Jahre 1998 die Kommunen Bayerns 12,6 Prozent mehr Steuern eingenommen haben. Er schreibt weiter, daß im Jahre 1998 zum ersten Mal nach neun Jahren die Kommunen wieder mit den Einnahmen ihre Ausgaben decken konnten. Quelle: "Starkes Bayern - starke Kommunen", Bayerisches Staatsministe-rium der Finanzen, Referat Presse und Öffentlichkeitsarbeit, Odeonsplatz 4, 80539 München.

Warum gilt dies nicht für unsere Stadt? Sie muß mittlerweile um die laufenden Aus-gaben zu decken, darunter auch Zinsen für aufgenommene Kredite, neue Kredite aufnehmen. Ein im Grunde genommen nicht haltbarer Vorgang, der auch in der nächsten Zeit kein Ende finden dürfte. Woran liegt es wohl? Würzburg leistete sich in durchaus guter Absicht eine Schullandschaft, die den Freistaat Bayern viele Auf-gaben abnahm. Für die ganze Region wurden weiterbildende Schulen vorgehalten, die letztlich zu einem Nettodefizit von 20 Mio DM führten. Eine Stadt von der sozio-ökonomischen Struktur Würzburgs als Universitäts-, Schul- und Verwaltungsstadt war, ist und bleibt - wenn sich nichts ändert - im Finanzsystem unserer Bundesre-publik immer benachteiligt. Solange die Gewerbesteuer eine Haupteinnahmequelle für die Kommunen ist, wird Würzburg seine Nachteile haben. Wie der Kämmerer erklärte, zahlen von den 5.500 Gewerbebetrieben Würzburgs etwa 200 Gewerbe-steuern und davon 10 bis 12 Prozent 90 Prozent. Bricht ein Gewerbesteuerzahler weg, ist das Finanzloch vorprogrammiert.


Das in den 70er-Jahren entstandene Landesentwicklungsprogramm Bayern, das auch für den Finanzausgleich innerhalb des Freistaates wesentliche Fakten gesetzt hat, geht von gleichwertigen Lebensverhältnissen in allen Gebieten des Freistaates aus. Mittlerweile hat es gerade im Falle Würzburg dazu geführt, daß die Kernstadt in Relation zu den umliegenden Städten und Gemeinden weit schlechter behandelt wird als diese. Zieht man einen Kreis von 10 km um das Würzburger Rathaus woh-nen außerhalb der Stadtgrenzen ca. 80.000 Menschen. Diese haben alle Vorteile der Stadt, aber nicht ihre Lasten. Ein Zeichen dafür, daß die Gebietsreform der 70er-Jahre nur unvollkommen war. Würzburg hält besonders auch für diese Menschen Schulen, Arbeitsplätze (über 50.000), kulturelle Einrichtungen (Stadttheater), öffent-lichen Personennahverkehr und noch vieles andere mehr vor und erhält hierfür kei-ne oder nicht kostendeckende Leistungen.
Solange die hier kurz skizzierten Probleme nicht ausgeräumt sind, wird Würzburg auch in Zukunft in immer schwierigeren Finanznöten bleiben. Was ist zu tun?
Erstens, der Bund sollte die Gewerbesteuer entweder abschaffen (sie ist so und so mittlerweile systemfremd) oder sie in seinen allgemeinen Steuertopf nehmen und den Kommunen Anteile an Einkommenssteuer, Umsatzsteuer und auch Kfz-Steuer im größeren Maße zugestehen.
Zweitens, das Land Bayern müßte über sein Landesentwicklungsprogramm seinen interkommunalen Finanzausgleich so ändern, daß auch Städte mit der sozioökono-mischen Struktur unseres Würzburgs wieder ihre Ausgaben mit eigenen Einnahmen decken können.
Drittens, das Stadt-Umland-Problem muß nicht unbedingt durch Eingemeindungen gelöst werden, sondern kann mit sanfter Hilfe des Staates über entsprechende Zweckverbände angegangen werden. Hier allerdings auf Freiwilligkeit zu hoffen wä-re müßig, denn wer gibt schon etwas, was er nicht muß, gerne ab. Ansprechpartner darf dabei auch nicht unbedingt der Landkreis sein, sondern die im engeren Umfeld ansässigen Kommunen.
Den Gebietskörperschaften, den Kommunen in der Region muß endgültig klar wer-den, daß wir in einem Boot sitzen und daß nur in Zusammenarbeit auf allen Gebie-ten vom Abwasser über das Theater, Gewerbegebiete, Schulen wir nur gemeinsam etwas erreichen können. Wenn wir das nicht tun, wird die Entwicklung nicht nur an der Stadt Würzburg, sondern auch am Umland vorbeigehen. Daran sollten sich alle messen lassen.

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